Masao Tani war Skeptiker. Als der Marketingchef von Suzuki im Sommer 1980 die Importeure im Münchener Hilton Hotel zur Vorpräsentation der neuen IFMA-Modelle einlud, hatte er auch eine in Japan gestylte Skizze einer GS 650 im Gepäck. Dies alles nur für den Fall, dass das mutige deutsche Katana-Design nicht ankam. Doch seine Sorge war unbegründet: die neue Suzuki GS 650 G Katana entfachte wahre Beifallsstürme. Tani San wurde seine konservative Alternative nur noch in den USA los…
Das Target-Design-Team
Gegen Ende der 1970er Jahre wirkte die Formgebung der Suzuki Motorräder doch ziemlich antiquiert. Um dem abzuhelfen und auf Drängen des deutschen Importeurs, engagierte Suzuki das Target-Design-Trio mit Hans-Georg Kasten, Jan Fellstrom und Hans A. Muth. Die Target Design Entwürfe schrieben nicht nur bei Motorradherstellern wie Suzuki Geschichte.
Auch technisch markierten die Katanas einen Umbruch: während die GS 650, Projekt ED 1 („ED“ steht für European Design) von 1979 noch auf den alten Suzuki GS-Vierzylindermodellen basierte, bildeten beim ED 2 Projekt vom April 1980 die Vierventiler die Grundlage der Suzuki GSX 750 und GSX 1100 Katana.
Europäisches Katana-Design in den USA erfolgreich
Wie unberechenbar aber so ein Entwurf für einen Motorradhersteller sein kann, zeigt die Produktions- und Verkaufsgeschichte. Von europäischen Designern für europäische Motorradfahrer erdacht, konnte sich dieses einzigartige Konzept gerade bei uns nicht richtig durchsetzen, denn in Europa blieben die Verkaufszahlen hinter den Erwartungen zurück. Ausgerechnet aber in den USA, wo ursprünglich gar kein Verkauf der Suzuki Katana geplant war, lief der Verkauf so gut, dass sogar überschüssige Maschinen aus Europa nach Amerika verschifft wurden – ein wohl einmaliger Vorgang!
Völlig verrückt waren auch die Japaner selbst auf die schnittigen Katanas. Dort wurden schließlich sogar 250er und 400er Modelle im Samurai-Schwert-Look angeboten. Die Großen wurden bis 1995 in Japan angeboten, zehn Jahre länger als in Europa! Als die letzten verkauft waren, war die Nachfolge dort nach wie vor ungebrochen und Suzuki sah sich genötigt, diese Katanas erneut aufzulegen und nochmals sieben weitere Jahre zu fertigen.
Doch zurück nach München. Die Vorstellung des Modells vor dem Fachpublikum geriet zu einer bangen Stunde für alle Hauptakteure: für Tani, der Präsident Osamu Suzuki gegenüber verantwortlich war, und für das Target-Team, das kompromisslos seine Ansichten des Themas eins zu eins in den Raum gestellt hatte.
Präsentation der Suzuki Katana
Die Präsentation verlief erfolgreich und so konnte sich Masao Tani nach Hause wagen, um die Prototypen dem Präsidenten von Suzuki vorzustellen. Die Situation damals ist immer wieder erzählt worden: nach dem Fallen der Tücher herrschte langes Schweigen und betroffene Spannung, die dann in Applaus überging, als Osamu Suzuki in die Hände klatschte und seine Zustimmung mit einem „Das gefällt mir, es erinnert mich an die Concorde‘‘ bekundete.
In erster Linie galt der Beifall der großen Studie, der Suzuki GSX 1100 ED 2, die in der ebenfalls sehr kurzen Zeit von nur drei Monaten auf die Räder gestellt worden war. Was hier präsentiert wurde, war eine komplett neue Motorrad-Generation. Die Herren waren sich einig: diese Modellreiche sollte nicht nur in Europa, sondern weltweit vermarktet werden. Bis allerdings die Suzuki Katana der Öffentlichkeit auf der IFMA 1980 in Köln vorgestellt wurde, vergingen nochmals einige Monate.
Suzuki war von dem Katana-Entwurf so angetan, dass man vom ursprünglichen Vorhaben, Motor und Fahrwerk des Vorgängers unverändert zu übernehmen, abrückte. Die Suzuki Katana bekam also ein überarbeitetes Chassis und die Redakteure des Testteams von 1981 attestierten ihr als erstes japanisches Motorrad ein italienisch straff abgestimmtes Fahrwerk. Ein exzellentes Fahrwerk, ein bulliger Motor, exklusive Optik und perfekte Sitzposition – 1981 ein absolutes Novum.
Zum ersten Mal hatten die Tester eine Maschine, deren Antrieb auf über 220 km/h Top-Speed übersetzt war und die schon bei 40 km/h im fünften Gang ruck frei und ohne Beschwerden beschleunigte. Ab 4500 U/min legte der Reihenvierzylinder gewaltig los und drehte auch in den unteren drei Gängen klaglos in den roten Bereich. Bei Pininfarina in Italien wurden umfangreiche Versuche im Windkanal zwecks Feinschliff gemacht.
Der Konkurrenz aus Japan eine Nasenlänge voraus
Auch die kleine Suzuki Katana GSX 750 ließ ihre damaligen Konkurrenten Yamaha XJ 750 Seca, Honda CB 750 und Kawasaki Z 750 weit hinter sich, und das nicht nur optisch. Yamaha und Honda traten in dem damals modischen – von den europäischen Importeuren lauthals geforderten, aber Gott sei Dank nur kurzlebigen – Euro-Styling an und Kawasaki hatte noch den 70er-Jahre Look.
Ein gängiger Spruch war damals: ,,Wie kann man das Fahrvergnügen mit der GSX 1100 S noch optimieren? Man fahre die Suzuki GSX 750 S.“
Man bescheinigte der der kleineren Katana ein noch besseres Handling, hervorgerufen durch eine schmalere Bereifung und eine tiefere Schwerpunktlage des Motors.
Suzuki Katana Klappscheinwerfer
Eine wahre Rarität und begehrte Sammlerstücke sind Katanas mit Klappscheinwerfer, da sie offiziell nie nach Deutschland importiert wurden. Diese GSX 750 SE Katana „Klappnase“ wurde nicht von Hans A. Muth entworfen. Stattdessen entwickelten die Japaner das Design der Ur-Katana etwas ab. Neben diesem Exemplar gibt es hierzulande nur noch eine Handvoll bekannt, davon drei Exemplare im Katana Owners Club. Bei der hier gezeigten Suzuki Katana aus dem Jahr 1986 handelt sich um eine kanadische Variante. Die Katana „Klappnase“ fand vor allem in Japan, Kanada, Australien und England Käufer, vermutlich auch in den USA.
…und hier geht es zum 2. Teil der Katana-Story.
(Autor: Hans-Peter Engel)
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