Die Honda CZ 100 ist heute ein begehrtes Sammlerobjekt. Deshalb ist es heute schwierig gut erhaltene und nicht extreme teure Honda CZ 100 Exemplare zu finden. So war mein Staunen groß als mein Arbeitskollege, der meine Liebe zu alten Hondas kannte, mir von einer Anzeige aus einer Lokalzeitung berichtete. Die Anzeige enthielt ein schlechtes Bild eines verstaubten, spinnenbeinigen “Honda Kindermotorrades”. Was denn das für eine skurrile Honda sei, ohne Federung und mit den winzigen “Rasenmäher-Rädern” fragte er.
Ich konnte es nicht glauben, aber fast vor meiner Haustür drohte seit Jahren eine originale Honda CZ 100 mit rotem Tank zu verstauben und zu rosten. Bei der angebotenen Maschine handelte es sich um die einzige hier in Luxemburg überhaupt verkaufte CZ100 aus dem Jahr 1965. Trotz des schlechten Annonce-Bildes erkannte ich sofort die leicht verwahrloste, aber komplett erhaltene Honda Monkey auf ihren platten Dunlop Reifen. Heruntergekommen, übersäht mit hässlichen Chrom-Rostpickeln und mit einer übelriechenden Rostbrühe im Tank stand die CZ100 seit mehr als 15 Jahren in einer düsteren Garage. Aber sie hatte nur unglaubliche 2.286 Kilometer auf ihrem Nippon Seiki Lampentacho.
“Sind Sie ein Honda-Sammler? Sie wollen sie ja eigentlich nur ins Wohnzimmer stellen, oder, und nicht damit auf die Straße?!?”, fragte mich der ängstliche und nicht gerade Motorrad-begeisterte Verkäufer ungläubig. Der Verkäufer erklärte mir, seine Familie hätte dieses komische kleine “Kindermotorrad” vom verstorbenen Cousin vermachtet bekommen und musste jetzt weg. Ohne zu zögern und schnell verhandelt war ich nun der glückliche Zweitbesitzer (!) seit 1965 dieses seltenen Honda CZ100 Wintzlings. Glück gehabt, denn wenig später wurde der Verkäufer von interessierten Anrufen überfallen.
Schonende Restauration der seltenen Honda Monkey
Ich entschloss mich das Monkey-Bike so schonend wie möglich zu restaurieren um den gut erhaltenen Lack und die Chrom-Teile so original wie möglich zu erhalten. Also erst mal behutsam Luft in die plattgestandenen Dunlop-Reifen reinpumpen und siehe da, die Bonsai-Reifen hielten selbst nach 44 Jahren sogar noch dicht. Dunlop Japan hatte den guten, alten Sir John Dunlop auf einem detaillierten Medaillon in die 5 Zoll Reifen durch vulkanisieren verewigt. Diese Reifen waren damals nur über Honda erhältlichen und sind heute nicht mehr zu finden.
Vorsichtig befreite ich meine Honda Monkey von jeglichem Schmutz und stellte fest, dass der rote Lack der CZ 100 nur einige kleine Roststellen aufwies. Mit Swissöl-Reiniger und “Samurai”-Wachs verhalf ich der Mini-Honda – in dreiwöchiger penibelster Handarbeit – zu neuem Glanz. Anschließen demontierte ich den Tank, um ihn vom aggressiven Benzin-Harz und der roten Rostpest zu befreien. Eine Handvoll Schrauben und Muttern sowie Ohrstöpsel halfen, um in abendfüllenden, lauten Stunden die rote Pest aus dem kleinen 6 Liter Tank mit Drehen und Wenden zu beseitigen. Nachdem ich mit den blitzblanken Inneren zufrieden war, entschied mich für eine durchsichtige Tankversiegelung. Denn das metallische Aussehen des Tanks sollte für die nächsten 44 Jahre originalgetreu geschützt werden.
Sollte der Motor nach so einer langen Standzeit noch anspringen? Dem Kick nach zu beurteilen war der gussköpferne C100 Motor nicht festgegangen und hatte noch eine brauchbare Kompression vorzuweisen. Also kippte ich für ein paar Tage eine Mischung aus Rostlöser und Motoröl zum Auflockern der Kolbenringe und zum Lösen des Flugrosts im Zylinder durch das Zündkerzenloch. Beim behutsamen Rausdrehen der Kerze bemerkte ich, dass hier noch immer die allererste NGK C7HSA – mit stark angefressener Tungsten-Elektrode – ihren treuen ersten Dienst tat.
Nach einem Ölwechsel, einer genauen Ventilspiel- und Zündungkontrolle, flutete ich zum ersten Mal den kleinen Vergaser, kippte den Chokehebel nach unten und nach fünfmal Kicken hustete der kleine 4,5 PS Motor mit blauer Rauchwolke auf und blubberte nach einigen Minuten schluckfrei und dank großem Auspufftopf sehr leise vor sich hin.
Ein wilder Affe mit Kampfspuren
Ich war eigentlich schon von den Kampfspuren, die ich an der Honda CZ100 vorfand, gewarnt: ein verbogenes Kennzeichen und geschliffenes Gasgriffgummi zeugten von alten Kämpfen zwischen dem Ersthalter und dem wilden Affen. Mit seinen 55 Kilogramm und strammen 4,5 PS bei 9.500 U/min zieht die Honda Monkey gerne mal die Arme auf Orang-Utan-Format lang.
Also erster Gang mit der Wippe rein…und Oaaaah erst mal mit einem steigendem Vorderrad und galoppierenden Füssen mit einem Affenzahn los…zweiter Gang klacken ohne Kupplung rein…Aohahaha…schon wieder steigt das Mini-Vorderrad hoch und dann ab bis zu furchterregenden 45 Km/h im Dritten.
Nicht am Lenker ziehen, schön laaaangsam einbiegen in den ersten Kreisverkehr und – hoooppela – sofort die Fußrasten auf dem Asphalt geschrammt mit gefühlten zwei Grad Schräglage und einen Bananenwackeln im Fahrwerk…uiuiuiui, fühlt sich das schnell an!
Keine Bange, ich habe die erste Ausfahrt überlebt und die Honda Monkey auch.
Diesen Sommer konnten bei unsrer ersten gemeinsamen Oldtimerausfahrt in Luxemburg die langen 175 km weder mein Sitzfleisch noch meinem Grinsen im Gesicht etwas anhaben…der CZ100 Affe hat mich gebissen und hat bis zur nächsten Sommer einen warmen und trockenen Ehrenplatz im Wohnzimmer bekommen…
Die gesamte Entwicklungsgeschichte der Honda Monkey gibtes hier nachzulesen.
…von Gilles Schumacher
Hinterlasse einen Kommentar