Obwohl sie – gemessen an heutigen Maßstäben – nicht perfekt gewesen ist, war der Siegeszug der Honda CB 750 Four Ende der 1960er Jahre nicht mehr aufzuhalten. Im Zeitalter stickender Zweitakter und vibrierender Twins in tristen Uni-Farbtönen, hatte Soichiro Honda 1969 ein relativ leichtes Spiel seine Honda CB 750 K0 erfolgreich im Markt zu platzieren. Als erstes Serienmotorrad mit quer zur Fahrtrichtung eingebautem Reihenvierzylinder schaffte die Four vor über 45 Jahren bereits renntaugliche 200 km/h und überstand 100.000 Kilometer absolut pannenfrei.
Heute erfreut sich die „Four“, wie sie liebevoll von ihren Fans genannt wird, größter Beliebtheit unter Sammlern und Fahrern. Ganz besonders sind die ersten Exemplare der Honda CB 750 Four K0 Sandguss Baureihe gefragt, deren Preise inzwischen in astronomische Regionen hochschnellen.
Erst jüngst wechselte die ‚Nummer 24‘, eine frühe Sandguss-Version der CB 750 Four, für schwindelerregende 143.000 US-$ ihren Besitzer. Eine top erhaltene und frisch aufgebaute „K0“ zu bekommen, gleicht heute einem Sechser im Lotto. Und das treibt die Preise.
Umso erfreuter war ich, als sich mir die Gelegenheit bot eine original-restaurierte Honda CB 750 Four K0 Sandguss aus Oktober 1969 in strahlendem Candy Blue Green für Nippon-Classic.de vor die Linse zu bekommen. Denn diese K0 mit der Rahmennummer ‚1010101‘ sieht nicht nur umwerfend gut aus, sondern hält noch einige Besonderheiten parat, die wir uns einmal genauer anschauen.
Schon äußerlich fällt die Honda CB 750 Four K0 auf
Im Laufe der neunjährigen Bauzeit entwickelte Honda seinen Bestseller in der Big Bike Klasse ständig weiter. So verwundert es überhaupt nicht, dass sich die K0 von einer K7 grundlegend in vielen Details unterscheidet. Am auffälligsten sind die beiden Seitendeckel, die bei der Honda CB 750 Four K0 ein deutlich kantigeres Design aufweisen als ihre Nachfahren. Hinzukommen sechs, vergitterte Schlitze, die allerdings nicht der Luftzufuhr dienen sowie dahinter liegende, lackierte Luftfilterverkleidungen, die bis fast an die Vergaser heranreichen. Später gab es dort nur schwarzen Kunststoffguss zu sehen.
Das vordere Schutzblech ist zu beiden Enden abgeschnitten (sog. „double cut fender“)und bekam erst später einen gerundeten Abschluss. Der Tank weißt ebenfalls eine entscheidende Besonderheit auf, an der man frühen K0’s sofort erkennt. Doch dafür muss man in sein Innerstes schauen. Dort präsentiert sich zunächst die Unterseite des Tankdeckels mit einer rauen Alu-Gussfläche, die es bei späteren Baujahren nicht mehr so gab. Die ersten CB 750 Four Tanks entstanden noch in „Manufaktur“- statt „Großserien“-Fertigung und haben diesen typischen, gedengelten Wellenverlauf am Rahmenrohrverlauf.
Auch die Sitzbank fällt vorn flacher, hinten dafür deutlich höher aus und war markant abgesteppt. Eine originale K0 Sitzbank wird heute nicht unter 1.800 US-$ gehandelt.
Die feinen Unterschiede im Verborgenen
Echte Kenner achten auf so etwas. Unter dem Tank fällt so die 1-in-4 Vergaserbetätigung auf. Ein zentraler Gaszug wird über einen Verteiler unterhalb des Tanks auf die vier Keihin-Vergaser spinnenartig gesplittet. Links unter dem Tank thront ein kleiner Schatz: Das Zündschloss der ersten Serien sitzt etwas vertieft in seinem Gehäuse und der Zündschlüssel trug einen in die Vertiefung passenden Plastik-Pfropf. Heute wird so ein Teil zwischen 250 und 500 US-$ gehandelt – glücklich der, der eins findet.
Öffnet man den Scheinwerfer stößt man auf eine 35 Watt Funzel, die heutigen Scheinwerfern längst nicht mehr das Wasser reichen kann. Anders als später üblich, verschweißte Honda die Glühbirne und den Reflektor miteinander – „Sealed Beam“ nannte sich das Ganze. Dieser genialen Idee lag die Tatsache zugrunde, dass die meisten Autos seinerzeit den gleichen Scheinwerfer hatten: Ersatz gab es quasi an jeder Tankstelle.
Der Bremssattel der Scheibenbremse sowie der obere Abschluss der Tachowellenaufnahme im Instrument stammen noch aus der Sandguss-Ära. Zudem ist der Bremssattel nur mit Klarlack lackiert, spätere Modelle erkennt man an schwarz-lackierten Sätteln.
Wenden wir uns abschließend noch dem schicken 4-in-4 Auspuff zur rechten Seite zu. Bei der Honda CB 750 Four K0 verzichtete der japanische Motorradhersteller in der ersten Charge der Serie auf eine eingeprägte Teilenummer auf dem oberen Auspuffrohr. Und, innerhalb der Erstserie trug der Krümmer noch keine Sicke für den fast darauf aufsetzenden Fußbremshebel.
(Herzlichen Dank an Reinhard Hopp für die Textkorrektur.)
Der Motor mit der Nummer 1010101 dieser K0 ist kein Sandguss, diese gingen nur bis 7414. Auch vom Bild her ist es ein Diecast-Motor. Trotzdem natürlich ein wunderschönes Motorrad.