1973 wollte man bei YAMAHA der Motorradwelt beweisen, dass man in der Mittelklasse mit einem Parallel-Twin nach britischer Schule auch ohne den Bau eines eigenen Reihenvierzylinders sportliche Fahrleistungen in Verbindung mit niedrigem Gewicht realisieren kann. So versuchten die Techniker aus Hamamatsu ausgerechnet dem Platzhirschen Honda CB 500 Four Paroli zu bieten. Um jedoch der „kleinen Four“ mit ihren  48 PS leistungsmäßig ebenbürtig zu sein, mussten die Ingenieure der Firma mit den drei gekreuzten Stimmgabeln einen hohen konstruktiven Aufwand betreiben, wollten sie mit der neuen Halbliter-Twin nicht wieder ähnlich „Schiffbruch“ erleiden wie seinerzeit mit der großen Zweizylinder Yamaha TX 750.

Typisches 70er Jahre Design

Optisch war die erste Baureihe der Yamaha TX 500 (Typ 371) stark an die  650er XS1/XS 2 Modelle angelehnt. Mit dem tropfenförmigen (Teardrop-) Tank und der angesetzten, eigenständig geformten Sitzbank im Stile der kleinen RD-Zweitakter-Baureihe mit umlaufender Chrom-Zierleiste konnte man die 500er von weitem kaum von der 650er unterscheiden, zumal sich Fahrwerk und Auspuffführung sehr ähnelten. Neben den verchromten Front- und Heckfendern zeigte die Maschine mit den verchromten Speichenrädern, den schön geformten Auspuffendschalldämpfern, der chromblitzenden aufgesetzten Rücklichthalterung und den verchromten Armaturen im Cockpit jede Menge blinkenden Kontrast zu den eher  gedeckten Farben der Modellreihe . Der Motor selber strahlte mit seinen polierten Oberflächen mit den am Bike befindlichen Chromanbauteilen  um die Wette.

Yamaha TX 500

Im Stil der Großen: Yamaha TX 500 von 1972 (Foto: Yamaha)

Beim Modellwechsel 1976 zur Yamaha XS 500 (Typ 1J3) wurde das Styling komplett auf das sogenannte Rectangular Design umgestellt, jetzt hielt eine eckige Formensprache Einzug ins Fahrzeugdesign, speziell bei Tank und Sitzbank mit integriertem Heckbürzel und eingelassenem Rücklicht, dessen Linie sehr gewöhnungsbedürftig war und sicherlich seinerzeit einige Interessenten vom Kauf abschreckten. Dazu passte auch die Umstellung auf Aluminium-Guss-Räder mit polierten Kanten, die im Gesamten dem Erscheinungsbild der Maschine ein mehr „technisches Design“ verlieh. Letztlich brachte auch das Re-Designing ab 1976 nicht den erhofften Anschub bei den Verkaufszahlen, so dass der Gesamtabsatz beider Typreihen in Deutschland eher im homöopathischen Bereich liegt.

Der TX 500 Motor

Basis der TX 500 (Typ 371) war hier ein  luftgekühlter Zweizylinder-Viertakter-Paralleltwin mit 180° Hubzapfenversatz als Gegenläufer, zwei oben liegenden Nockenwellen und vier Ventilen pro Zylinder, damals ein technischer Leckerbissen. Der 498 ccm große Twin mit einem Bohrung-Hub-Verhältnis von 73 x 59,6 mm war mit einer kettengetriebenen Ausgleichswelle ausgestattet und leistete 48,5 PS bei 8.250 U/min und produzierte ein maximales Drehmoment von 44 Nm bei 6.500 U/min. Über eine Mehrscheiben-Kupplung im Ölbad wurde die Kraft auf ein Fünfgang-Getriebe und dann via Rollenkette auf das Hinterrad übertragen. Gestartet wurde sowohl mit einem elektrischen Anlasser, als auch nach „Altväter Sitte“ mittels eines Kickstarters.

Der von Yamaha Omni Phase Balancing System genannte Aufbau mit kettengetriebener, hinter der Kurbelwelle  sitzender Balancer-Welle  stellte sich als wartungsintensiv heraus, da die Kette zur Ausgleichswelle relativ lang geraten war und hier kein automatischer Kettenspanner verbaut wurde. So gab es hier für den Fahrer alle 6.000 km einen wichtigen Punkt, um Hand anzulegen. Bedingt durch die batteriegestützte Kontaktzündung mit Fliehkraftversteller und mechanischen Zündkontakten, konnte die Werkzeugkiste nicht vorschnell geschlossen werden, die Abstände der Zündkontakte mußten penibel eingehalten werden. Auch die Steuerkette zum Antrieb der beiden oben liegenden Nockenwellen verlangte nach kundiger Wartung und Pflege, da auch hier ein manueller Spanner zu Werke ging, das war auch hier meistens der Fahrer.

Gespeist wurde der Twin von zwei 38 mm KEIHIN-Vergasern. 1976, bei der Modellumstellung auf den Typ 1J3 rüstete man auf zwei MIKUNI-CV-Vergaser gleichen Durchmessers um und änderte die Verdichtung auf 8,5 : 1. Der Tankinhalt betrug 15,5 Liter, zu den Betriebsflüssigkeiten zählten noch 3,2 Liter Motoröl für die Nasssumpf-Druckumlauf-Schmierung.

Trotz des betriebenen konstruktiven Aufwandes beim Triebwerk und der zum Baujahr 1978 gesteigerten Leistung auf 50 PS verdarb das durch den schweren  Motor hohe Gesamtgewicht von 210 kg fahrfertig jeden Anflug von Temperament. Den Standard-Sprint von 0 auf 100 km/h legte die Yamaha XS 500 in  6,5 Sekunden hin, die seinerzeit  vom Fachmagazin “ MOTORRAD“ gemessene Top-Speed lag bei 171,4 km/h mit lang liegendem Fahrer.

Yamaha XS 500

Nachfolgemodell Yamaha XS 500 (Foto: Yamaha)

Das Fahrwerk der Yamaha TX 500

Das Fahrwerk war seinerzeit das Glanzstück der Yamaha TX 500 / Yamaha XS 500. Der optisch gelungene Parallel-Twin saß in einem Doppelschleifen-Rohrrahmen aus Stahl, welcher ausreichend versteift und mit gut abgestimmten Federelementen versehen, die Fachwelt mit einem  für die damalige Zeit sehr guten Fahrverhalten zu Lob veranlasste.

Das 19-Zoll- Vorderrad wurde bei der Yamaha TX 500 noch von einer ölgedämpften KAYABA-Telegabel geführt, ab der Umstellung auf die XS 500 1976 versah ein Exemplar der Firma SHOWA seinen Dienst am Bug mit  125 mm Arbeitshub, das hintere 18-Zoll-Rad wurde von einer in Kunststoffbuchsen gelagerten Doppelschwinge an zwei KAYABA-Stoßdämpfern mit 70 mm Federweg geführt.

Mit 1.400 mm Radstand, einem Nachlauf von 117 mm und einem Lenkkopfwinkel von 62° 30´ lag die Akzentuierung auf einem stabilen Geradeauslauf bei ausreichender Handlichkeit.  Die Sitzhöhe von 780 mm stellte auch für Fahrer ohne Gardemaß kein Problem dar. Ab Typ 1J3 im Jahr 1976 wurde das Fahrwerk auf Leichtmetall-Guss-Räder umgestellt, was einer kleinen Gewichtsreduzierung zugute kam. Gebremst wurde vorne und hinten mit je einer Einzelscheibenbremse mit Einkolben-Schwimmsattel, vorne maß die Scheibe 300 mm, hinten 270 mm und überzeugte Tester wie Besitzer gleichsam mit guten Verzögerungswerten.

Yamaha Lackierungen

Die Farbschemen für die TX 500/XS 500 waren je nach Baujahr und Typreihe:

  • Yamaha TX 500 (TYP 371) Baujahr 1973: Metallic Black, Baja Brown
  • Yamaha TX 500 (Typ 371) Baujahr 1974: Bird Blue
  • Yamaha TX 500 (Typ 371) Baujahr 1975: Maroon, Spanish Burgundy Metallic und für
  • Yamaha XS 500 (Typ 1J3) Baujahre 1976 – 1979: Marge Brown, Red, Silver, Star Black (USA) und Blue

Beim Typ 1J3 wurden von 1976 bis 1979 im Wesentlichen noch die Decals und das Striping geändert; weitere, auch technische, Modellpflegemaßnahmen blieben aus.

Situation am Yamaha TX 500 Gebrauchtmarkt

Das Kraftfahrtbundesamt Flensburg verzeichnet Ende 2016 keine nennenswerten Stückzahlen mehr von in Deutschland zugelassenen Exemplaren. Classic-Analytics listet für gepflegte Exemplare einen Gebrauchtpreis ab 2.500 EUR und darüber auf, Teileträger mit Restaurationspotenzial gehen für ungefähr 700 EUR in andere Hände über.

Die wichtigste Baustelle ist der Zylinderkopf. Lange Vollgasetappen auf der Autobahn quittiert der aufwändige Twin nämlich mit Rissen im Zylinderkopf, hervorgerufen durch hitzebedingte Spannungen und damit einhergehende Spannungsrisse im Top-End zwischen den Ventilsitzen. Überhaupt ist die Umrüstung auf gehärtete Ventilsitze jedem Interessenten zu empfehlen, da das Bike noch aus der Ära des verbleiten Benzins stammt.

Ein weiteres Hauptaugenmerk sollte der Besitzer auf den Zustand der vielen Ketten an dem Motorrad legen und deren Spannungen regelmäßig kontrollieren, die Kontaktzündung ist ebenfalls sehr pflegeintensiv.

Achtung: Kettenschlösser für die Steuerkette und  intakte Zylinderköpfe  als Ersatzteile sind fast nicht mehr zu finden und müssen weltweit beschafft werden.

Als beste Maßnahme zur weitergehenden Fahrwerksverbesserung haben sich die Umstellung auf Kegelrollenlager für den Lenkkopf und der Einbau von Bronzebuchsen oder besser, passende Nadellager für die Hinterradschwinge herausgestellt. Gegen schwächelnde Stoßdämpfer hilft die Umrüstung auf KONI-Dämpfer.

Yamaha TX 500

Den Zylinderkopf der Yamaha TX 500 sollte man im Blick behalten (Foto: Yamaha)