Als die Yamaha SR 500 Ende der 1970er Jahre offiziell vorgestellt wurde, wirkte sie wie ein Gegenpol zu dem seit Jahren andauernden Wettrüsten der großen Motorradhersteller um mehr Hubraum und Leistung. Honda und Kawasaki präsentierten fast zeitgleich ihre Zweiradmonster: Honda mit der CBX 1000 und mächtigem Sechszylinder-Reihenmotor und Kawasaki mit der Z1-R und gewaltigen 90 PS Leistung.

Yamaha setzte einen Schlussstrich darunter und ging vor fast 40 Jahren mit der SR 500 einen völlig neuen Weg. Statt Hightech und ungezügelter Leistung hieß das Motto der Yamaha SR 500 „Back to the Roots“. Auf Basis der zwei Jahre zuvor erfolgreich eingeführten XT 500, präsentierte Yamaha 1978 ein nostalgisch anmutendes Straßenmotorrad mit Einzylinder-Viertaktmotor und bescheidenen 32 PS Leistung. Die Yamaha SR 500 – dabei steht „SR“ steht für „Single Road“ – ging von Anfang ihren eigenen Weg und stieg schnell zur Legende auf, die der japanische Hersteller 35 Jahre später mit einer Neuauflage als SR 400 entsprechend würdigte. Sie verkaufte sich hierzulande bombig, führte Rasch die Besteller-Listen der Zweiradbranche an und war in den 80er-Jahren überall auf unseren Straßen anzutreffen.

Die Yamaha SR 500 schlug 1978 ein wie eine Bombe

Die Yamaha SR 500 schlug 1978 ein wie eine Bombe (Foto: Nippon-Classic.de)

Die Yamaha SR 500 verlangte nach einer Start-Zeremonie

„Die Maschine ist für Männer, die noch zupacken können“ versprach Yamaha vollmundig. Dass die Phrase nicht bloß eine Floskel gewesen ist, bewies der Einzylinder-Motor im Halbliter-Format spätestens dann, wenn er zum Leben erweckt werden wollte. Und hier zeigte sich die offenkundigste Eigenheit des Dampfhammers, denn er verlangte regelrecht nach einer Start-Zeremonie. Ohne einen beherzten Tritt auf den Kickstarter ging bei der Yamaha SR 500 gar nichts.

Hierfür bringe man unbedingt den mächtigen Kolben in die richtige Position. Als Starthilfe hatten die Yamaha-Ingenieure der SR 500 daher einen Dekompressionshebel spendiert, mit dessen Hilfe der Fahrer den Kolben zum oberen Totpunkt justieren konnte. Um sich der Sache zu versichern, gab es ein Schauglas (sog. „Kick Indicator“) am rechts am Zylinderkopf. Ein Blechfähnchen, das an die Nockenwelle geschraubt ist, verriet die korrekte Kolbenposition. Jetzt ließ sich der Eintopf kraftvolle mit Körpereinsatz starten.

Yamaha-Single mit Kick Indicator

Yamaha-Single mit Kick Indicator (Foto: Nippon-Classic.de)

Der Yamaha-Motor war ein echter Dampfhammer

Das Konzept des Einzylinder-Triebwerks der Yamaha SR 500 war grundsolide, versprühte aber keinerlei Aufregung. Ein „Eintopf“ macht noch lange keinen Dampfhammer vom Schlage einer alten BSA, aber kernig war das Triebwerk allemal. Eine obenliegende Nockenwelle, jeweils ein Ein- und Auslassventil und ein großer Mikuni-Vergaser mit 34 Millimeter Durchlass waren schon seit Jahrzehnten Standardzutaten für Viertaktmotoren. Für den Alltagsbetrieb brachte das aber großer Vorteile. Denn Technik, die nicht da ist, kann auch nicht kaputt gehen. Und geringe Wartungskosten sind neben einem günstigen Anschaffungspreis ein ausschlaggebendes Kriterium.

Der kurzhubig ausgelegte Eintopf mit 499 ccm Hubraum bot ausreichend viel Leistung bei relativ niedrigen Drehzahlen und ein bulliges Drehmoment von 35 Nm bei um die 4.000 Umdrehungen. Das brachte gesunde und souveräne Kraftentfaltung, welche die SR-Fans schnell zu schätzen wussten. Aufgrund geänderter Versicherungsbestimmungen war für deutsche Käufer die auf 27 PS gedrosselten SR500-Version attraktiv. Wer es sich leisten konnte, der konnte die Yamaha SR 500 auch in der offenen Version mit ca. 32 PS kaufen zulassen, musste dafür aber gewaltig Versicherung bezahlen.

Der Motor der Yamaha SR 500 war grundsolide, versprühte aber keinerlei Aufregung

Der Motor der Yamaha SR 500 war grundsolide, versprühte aber keinerlei Aufregung (Foto: Nippon-Classic.de)

Im Gegensatz zur XT 500 erhielt die SR 500 eine kontaktlose, elektronische C.D.I. Zündanlage und eine leistungsfähigere 12-Volt-Anlage. Die anfänglich größere Kurbelwelle gab es nur bei den ersten beiden Modelljahren (1978 und 1979). Danach verbaute Yamaha in der SR 500 wieder eine normale Kurbelwelle wie in der XT.

Eine Besonderheit teilten sich Yamaha XT 500 und SR 500: die Trockensumpfschmierung, bei der das obere Rahmenrohr als Behälter für das Motoröl diente. Eine Eaton-Ölpumpe übernahm dann den Transport des notwendigen Schmierstoffs.

Leistungskastration

Bei der Yamaha SR 500 2J4 (bis Herbst 1983) bestand die Drosselung auf 27 PS nur aus dem verengten Ansaugstutzen. Die Hauptdüse (300) blieb gleich. Erst bei der 48T (ab Herbst 1983, Modell 1984), die offen 34 PS hatte, wurde zur Drosselung auf 27 PS zusätzlich zum verengten Ansaugstutzen auch eine kleinere Hauptdüse (270) verwendet.

Ab Herbst 1990 (Modell 1991) waren die SRs auf 17/18 KW (ca. 23 oder 24 PS) kastriert. Yamaha verbaute einen flacheren Kolben mit weniger Kompression, eine andere Nockenwelle und vermutlich innen einen anders aufgebauten Auspuff mit weniger Durchlass. Mit ein paar Tricks kann sie legal auf 27 PS „aufmachen“: Lochblende im offenen Ansaugstutzen, andere Vergaserdüsen. Auch wenn 30 PS möglich sind, ganz aufmachen ist legal nicht erlaubt.

Die Yamaha SR 500 gab es mit 23 bis 34 PS Leistung

Die Yamaha SR 500 gab es mit 23 bis 34 PS Leistung (Foto: Nippon-Classic.de)

Typische Wehwehchen der SR 500 und Tipps zum Gebrauchtkauf

Vor einem Jahr führte das Kraftfahrtbundesamt noch etwas mehr als 15.700 gemeldete SR 500 in seinem Zulassungsregister. Da die Yamaha SR 500 von Beginn an zum Arbeitstier avancierte, sind gepflegte Exemplare mit geringer Laufleistung heute eher die Ausnahmen.

Für originale Exemplare aus 1.Hand im Bestzustand werden heute wahre Liebhaberpreise aufgerufen, die deutlich über den von Classic-Data geschätzten Werten liegen. Auf dem Preisschild für eine der ersten SR 500 (Typ 2J4: 1978 bis 1983) im einmaligen Originalzustand stehen heute 7.500 Euro geschrieben.

Die Laufleistung des Motors hängt extrem von der jeweiligen Fahrweise ab, eine pauschale Aussage ist nicht wirklich möglich. Da auf Kurzstrecken der Motor in der Regel nie richtig warm wird, ist mit höherem Verschleiß zu rechnen. Nach „durchschnittlich“ 50.000 km kann ein neuer Kolben fällig werden. Wer seiner SR 500 nach dem kalten Starten sofort die Sporen gibt, verheizt den Motor deutlich früher. Eine komplette Motorrevision mit neuem Kolben im Übermaß und Ausschleifen des Zylinders sind die Konsequenzen.

Warmfahren verspricht höhere Laufleistungen der SR 500

Warmfahren verspricht höhere Laufleistungen der SR 500 (Foto: Nippon-Classic.de)

Grundsätzlich ist es daher ratsam den Motor erst sorgfältig warmzufahren, bis man der SR 500 irgendwann durch Drehzahlen Leistung abverlangt. Wer das beherzigt, kann mit einem Kolben 150.000 km oder mehr fahren, bis ein neuer fällig wird. Als Kurzhuber bringt die SR 500 die angegebene Leistung erst bei vergleichsweise hohen Drehzahlen. Die Yamaha ist halt kein langhubiger „Dampfhammer“, der bei geringen Drehzahlen bereits „losstampft“. Und bei Drehzahlen unter 3.000 U/min ruiniert man sich das Getriebe.

Ein verschlissener Ventilantrieb äußert sich akustisch über ein lautes Klickern. Grundsätzlich gelten die Motoren der 48T-Modelle (1984 bis 1999) als verschleißfester und sind daher empfehlenswerter – zumal sie sich auch auf 34 PS entdrosseln lassen. Die Lichtmaschine der SR500 48T ist besser, d.h. sie geht nicht so oft kaputt wie die der 2J4. Die allerersten 2J4 Modelle von 1978 und 1979 hatten sogar noch Langlöcher in der Grundplatte, so dass man die Zündung sogar minimal verstellen konnte.

Obacht ist bei typischen Schrauberkisten angeraten, an denen viele Besitzer selbst Hand angelegt hatten.

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Yamaha SR 400

Kaum war die SR 400 auf dem Markt, legten Tunter geschickt Hand an (Quelle: Yamaha Motor Europe)

Yamaha SR 400

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Technische Daten Yamaha SR 500

EinheitSR 500 (2J4)SR 500 (48T)
1. Fakten
ProduktionszeitJahr1978 bis 19831984 bis 1999
Nummerierung (Rahmen)Startn/an/a
Farben
NeupreisDM4.550 DMn/a
2. Motordaten
Motortyp1-Zylinder, 4-Takt1-Zylinder, 4-Takt
VentilsteuerungOHC, Kette, 2 VentileOHC, Kette, 2 Ventile
Nockenwelle1 obenliegend1 obenliegend
Hubraumccm499 ccm499 ccm
Bohrungmm87 mm87 mm
Hubmm84 mm84 mm
Verdichtungsverhältnis9,0:19,0:1
Vergaser1 Mikuni Rundschieber-vergaser (VM 34 SS) mit je 34 mm Durchlass1 Mikuni Rundschieber-vergaser (VM 34 SS) mit je 34 mm Durchlass
3. Leistungsdaten
LeistungPS27 PS27 PS
bei Drehzahlmin-16.500 U/min6.500 U/min
DrehmomentNm35,4 Nm35,4 Nm
bei Drehzahlmin-14.250 U/min4.250 U/min
LeistungsgewichtKg/PS5,9 Kg/PS5,9 Kg/PS
Höchstgeschwindigkeitkm/h135 km/h135 km/h
4. Abmessungen
Längemm2.170 mm2.170 mm
Radstandmm1.400 mm1.400 mm
LeergewichtKg159 Kg159 Kg
5. Bremse
Bremse vorn1 Scheibe 298 mmDuplex 200 mm
Bremse hintenSimplex 150 mmSimplex 150 mm
6. Antrieb
Getriebe5-Gang Fußschaltung5-Gang Fußschaltung
AntriebKetteKette
StarterPrimär-KickstarterPrimär-Kickstarter