Kurz nach dem zweiten Weltkrieg entstand die Honda Motor Company wie aus dem Nichts. Mit einer Million Yen (umgerechnet 8.400 Euro) gründete Soichiro Honda 1948 die Honda Co. Ltd. Das Unternehmen überlebte die schwierige Nachkriegszeit und gewann den Kampf gegen hunderte von konkurrierenden Motorradherstellern. Der finanzielle Durchbruch gelang dem japanischen Unternehmer 1958 mit der Honda C 100 Super Cub. Die C100 ist das meistverkaufte motorisierte Transportmittel überhaupt und setzte in puncto Belastbarkeit und Ausdauer im täglichen Einsatz konkurrenzlose Maßstäbe. Die Gewinne reinvestierte Soichiro Honda sofort in die weitere Forschung und in den Aufbau von Produktionsstätten wie die in Suzuka. Ein Jahr später folgte die Honda C92 Benly.

Die Honda C92 debütierte 1959

Die Honda C92 debütierte 1959 (Foto: Bonhams)

Mit der Honda C 92 wie Phönix aus der Asche

Soichiro Honda verstand bereits sehr früh, dass er Motorräder nur dann günstig produzieren kann, wenn diese in großen Stückzahlen gefertigt werden. Der Schlüssel zum Erfolg dieser Strategie lag in der Erschließung neuer Absatzmärkte, die der clevere Unternehmer außerhalb des japanischen Inselreiches suchte. Der US-Markt schien wie gemacht für die notwendige Expansion, wenn es ihm gelingt Motorradfahren zu einem Genuss werden zu lassen. Bis in die frühen 1960er Jahre galten Zündungsprobleme bei Regen als normal und die Biker akzeptierten demütig den sportlichen Akt des Kickstartens, um die Maschine zum Leben zu erwecken. Honda beendete den primitiven Status des Motorrads mit einer mustergültigen Zuverlässigkeit und den Komfort eines Elektrostarters.

Die Honda C 92 gab es mit Einzelsitz

Die Honda C 92 gab es mit Einzelsitz (Foto: Honda)

Zudem polierte Honda werbeträchtig das bis dato wenig erfreuliche Image amerikanischer Biker auf. „Sie treffen die nettesten Menschen auf einer Honda“ versprach die Werbekampagne von 1962. Mit der 50 ccm kleinen C100 Super Cub als Einstiegsmodell weckte Soichiro Honda auch bei der skeptischen Käuferschaft die Begierde nach mehr. Darauf abgestimmt hatte der japanische Motorradhersteller über Jahre hinweg ein Portfolio aufeinander aufbauender Modelle entwickelt, welches 1969 in der legendären CB 750 Four gipfelte.

Die Honda C 92 Benly wurde als „Brot-und-Butter“-Motorrad von 1959 bis 1964 produziert und war in Deutschland ab 1960 erhältlich. Sie basiert auf dem Prototyp C 90 mit 125 ccm Parallel-Twin aus dem Juli 1958. Für Motorräder in dieser Hubraumklasse war es durchaus ungewöhnlich, dass Honda der kleinen Benly zwei Zylinder sowie eine obenliegende Nockenwelle spendierte. Beides waren Zutaten, die normalerweise nur Rennmaschinen jener Epoche vergönnt gewesen waren. Des Weiteren punktete Honda mit einem komfortablen elektrischen Starter bereits in der Serienausstattung. Mit einem zeit- und schnörkellosem Design weiß die kleine Biene noch heute zu gefallen.

Die Honda C 92 überzeugte mit moderner Technik und hoher Zuverlässigkeit (hier die CA92)

Die Honda C 92 überzeugte mit moderner Technik und hoher Zuverlässigkeit (hier die CA92) (Foto: Nippon-Classic.de)

Der C 92 Motor

Die C 92 verfügte über einen fahrtwindgekühlten Zweizylinder-Viertakt-Motor mit 44 x 41 mm Bohrung und Hub, welcher aus 124,8 ccm Hubraum eine Leistung von 11,5 PS bei 9.500 min-1 auf die Kurbelwelle stemmte. Mit knapp 120 Kg kommt das Motorrad auf ein Leistungsgewicht von 10,4 Kg pro PS. Ein Keihin Schieber-Vergaser mit 20 mm Durchlass versorgt die beiden Zylinder mit dem notwendigen Benzin-Luft-Gemisch. Ein Jahr bevor das größere Schwestermodell C 72 als Nachfolgerin der C 71 debütierte, ging Honda bereits bei der C 92 von einer Trockensumpfschmierung zu einer Druckumlaufschmierung über (auch als Nasssumpfschmierung bekannt). Das Motoröl wurde nun in der Ölwanne unterhalb der Kurbelwelle mitgeführt und mittels Ölpumpe und Kurbelwellenbewegung zu den Schmierstellen im Motor geführt.

Der C 92 Motor war mit 11,5 PS dem der CB 92 unterlegen

Der C92 Motor war mit 11,5 PS dem der CB 92 unterlegen (Foto: Nippon-Classic.de)

Honda-typisch besitzt der C 92 Motor eine obenliegende Nockenwelle, die per Steuerkette von der Kurbelwelle angetrieben wurde. Zu der Besonderheit gehört, dass die Steuerkette nicht zentral zwischen den Zylindern (wie bspw. bei der C 71), sondern links in einem Schacht läuft und über einen halb-automatischen Kettenspanner verfügt. Jeweils zwei Ventile öffnen und schließen die Brennräume, die über Kipphebel betätigt werden. Die Motorleistung übertrug eine Einfachkette zum klauengeschalteten Vierganggetriebe. Die Antriebskette zum Hinterrad war wartungsarm in einem geschlossenen Kettenkasten auf der linken Seite untergebracht.

Die C 92 Typen – von Tourer bis Scrambler

Honda war es gelungen schon Ende der 50er Jahre eine komplette Modellpalette in den drei Hubraumklassen 125 ccm (C 92), 250 ccm (C 71) und 305 ccm (C 76) auf die Beine zu stellen. Damit schuf der japanische Motorradhersteller die Grundlage für eine günstige Massenproduktion, in deren Folge auch „hybride“ Motorräder mit Komponenten verschiedener Modelle entstanden. Beispielweise bekamen die Maschinen aus dem Jahr 1959 sowie die ersten aus 1960 die Rücklichter der C 70. Danach wurden Rückleuchten aus der C 71 montiert.

Typisch für die Honda CA 92: hoher Lenker und "Insekten-Blinker"

Typisch für die Honda CA 92: hoher Lenker und „Insekten-Blinker“ (Foto: Nippon-Classic.de)

In Sachen Rahmen und Fahrwerk griff man auf bewährte Komponenten der größeren C 70 und C 71 zurück, die bereits zwei Jahre zuvor auf den Markt kam:

  • Pressstahlrahmen, der stabil und verwindungssteif, gleichzeitig aber auch billig in Massen zu produzieren war.
  • zwei-in-zwei Auspuffanlage,
  • Einzelsitz mit Gepäckbrücke dahinter,
  • gezogen Kurzschwinge vorn und eine konventionelle Hinterradschwinge – beide aus Pressstahl-Profilteilen.
Pressstahlteile dominierten die Hondas jener Zeit

Pressstahlteile dominierten die Hondas jener Zeit (Foto: Nippon-Classic.de)

Pressstahlschwinge und Kettenkasten sind bei der CA 92 markant

Pressstahlschwinge und Kettenkasten sind bei der CA 92 markant (Foto: Nippon-Classic.de)

Die Modellpolitik der hubraumstärkeren Maschinen wurde hierbei auch auf die Honda C 92 übertragen, die ebenfalls in unterschiedlichen Versionen zu haben war:

  • Die C 92 Benly war die Alltagsversion mit Einzelsitz und Gepäckbrücke dahinter. Optional ließ sich ein Sitz darauf montieren, so dass die Maschine auch mit Sozius zu fahren war. Die hinteren Fußrasten waren an der Schwinge montiert. Es gab zwei Lenkervarianten – entweder mit Stahlblech verkleideter, flacher Lenker oder ein hoher und verchromter Lenker.
Die Honda C 92 gab es nur mit Einzelsitz

Die Honda C 92 gab es nur mit Einzelsitz (Foto: Honda)

  • Die CA 92 war die Touringversion mit Sitzbank. Es gab auch hier zwei Lenkervarianten – flach und verkleidet oder hoch und verchromt. Die Fußrasten des Beifahrers waren weiterhin an der Hinterradschwinge befestigt, so dass seine Beine den Federbewegungen während der Fahrt folgten.
Die Honda CA 92 war die Touringversion mit Sitzbank

Die Honda CA 92 war die Touringversion mit Sitzbank (Foto: Nippon-Classic.de)

  • Die CS 92 war die sportliche Ausführung im Scrambler-Look mit hochgezogener Auspuffanlage und Doppelsitzbank.
  • Eine wieselflinke Rennfeile war hingegen die Honda CB 92 mit ihren 15 PS bei 10.500 U/min.
Die Honda CS 92 war die Scrambler-Version mit hochgelegter Auspuffanlage

Die Honda CS 92 war die Scrambler-Version mit hochgelegter Auspuffanlage (Foto: Honda)

Honda C 92 Kaufberatung und Preisspiegel

Wer eine Honda C 92 als Oldtimer kaufen möchte, wird in Deutschland recht wenig Erfolg haben und braucht das Quäntchen Glück. Pro Jahr taucht hierzulande nur eine Handvoll der seltenen Hondas in den einschlägigen Gebrauchtwagenbörsen auf. Am einfachsten ist es sich im Ausland umzusehen. Des Weiteren wir die Ersatzteillage für die C 92 zunehmend schwieriger. Dies gilt insbesondere für heute sehr selten gewordene Originalteile wie die die Auspuffrohre, die Chromwangen am Tank, Typenschilder, Embleme und die beliebte Luftpumpe. Solche Raritäten sind in den USA, UK und Australien beschaffbar, aber auch extrem teuer. Bezahlbare Nachfertigungsteile gibt es aus Fernost.

Gut gelöst: in der Lampe integrierter Tacho der CA 92

Gut gelöst: in der Lampe integrierter Tacho der CA 92 (Foto: Nippon-Classic.de)

Die Preise variieren recht stark von Land zu Land. Eine royal-blaue Honda C 92 mit Sitzbank und knapp 35.000 Kilometer Laufleistung erzielte 2013 beim britischen Auktionshaus Bonhams einen Preis von 1.147 Euro erzielte. Ein 1964er Modell mit Einzelsitzen und knapp 28.000 Kilometern erhielt dort für umgerechnet 717 € den Zuschlag. Es geht aber teurer. In Australien werden umgerechnet 3.690 Euro für eine restaurierte Honda C 92 von 1965 aufgerufen. Eine C 95 mit 150 ccm aus dem Jahr 1963 kostet dort rund 3.480 Euro. Alle Angaben beziehen sich auf Zustandsnoten 1 bis 2. Die angebotenen Oldtimer waren entweder makellos oder in einem mängelfreien Zustand mit leichten Gebrauchsspuren. Vereinzelt verirrt sich ein Restaurationsobjekt nach Deutschland, das in der Regel von der britischen Insel stammt. Für 2.000 Euro bleibt eine technische Überholung des Motors, eine Entrostung und Lackierung des Rahmens sowie Verchromung der Metallteile nicht außen vor.

In jedem Fall ist einem restaurierten oder sehr gut erhaltenen Exemplar ganz klar der Vorzug zu geben. Denn für eine umfangreiche Motorrad-Restaurierung kommen schnell mehrere tausend Euro zusammen. Eine solche Investition lohnt sich meines Erachtens nur bei Kult-Oldtimern wie der CB 92, die hierzulande Preise zwischen 11.000 und 15.000 Euro erzielt.

Restaurierten Exemplaren der Honda C 92 ist der Vorrang zu geben

Restaurierten Exemplaren der Honda C 92 ist der Vorrang zu geben (Foto: Nippon-Classic.de)

Honda C 92 technische Daten

EinheitHonda C 90Honda C 92Honda CB 92Honda CB 92R
1. Fakten
ProduktionszeitJahr1958 bis 19591959 bis 19641959 bis 19641961 bis 1962
NummerierungStartC92-100001
CA92-100001
CS92-010001
CB92-010001CB92R-20001
FarbenSchwarzSchwarz
Royal Blau
Scharlachrot
Silber mit Scharlachrot
Silber mit Schwarz
Silber mit Royal Blau
Silber mit Scharlachrot und schwarzer Sitzbank
NeupreisDM1.665 DM1.985 DMn/a
2. Motordaten
Motortyp2-Zylinder-4-Takt2-Zylinder-4-Takt2-Zylinder-4-Takt2-Zylinder-4-Takt
VentilsteuerungOHC, KetteOHC, KetteOHC, KetteOHC, Kette
Nockenwelle1 obenliegend1 obenliegend1 obenliegend1 obenliegend
Hubraumccm124,8 ccm124,8 ccm124,8 ccm124,8 ccm
Bohrungmm44,0 mm44,0 mm44,0 mm 44,0 mm
Hubmm41,0 mm41,0 mm41,0 mm41,0 mm
Verdichtungsverhältnis8,6:18,6:110:110:1
Vergaser1 Keihin Schieber-Vergaser PW 20H mit 20 mm Durchlass1 Keihin Schieber-Vergaser PW 20H mit 20 mm Durchlass1 Keihin Schieber-Vergaser PW 20H mit 20 mm Durchlass1 Keihin Schieber-Vergaser PW 20H mit 20 mm Durchlass
3. Leistungsdaten
LeistungPS11,5 PS11,5 PS15 PS16 PS
bei Drehzahlmin-19.500 U/min9.500 U/min10.500 U/min10.500 U/min
DrehmomentNm8,9 Nm8,9 Nm10,4 Nm10,4 Nm
bei Drehzahlmin-18.200 U/min8.200 U/min9.000 U/min9.000 U/min
LeistungsgewichtKg/PS10,4 Kg/PS10,4 Kg/PS7,3 Kg/PS6,9 Kg/PS
Höchstgeschwindigkeitkm/h115 km/h115 km/h130 km/h130 Km/h
4. Abmessungen
Längemm1.910 mm1.910 mm1.875 mm1.875 mm
Radstandmm1.265 mm1.265 mm1.260 mm1.260 mm
LeergewichtKg120 Kg120 Kg109,8 Kg109,8 Kg
5. Bremse
Bremse vornSimplex 160 mmSimplex 160 mmDuplex 203 mmDuplex 203 mm
Bremse hintenSimplex 160 mmSimplex 160 mmSimplex 178 mmSimplex 178 mm
6. Antrieb
Getriebe4-Gang Fußschaltung4-Gang Fußschaltung4-Gang Fußschaltung4-Gang Fußschaltung
AntriebKetteKetteKetteKette
StarterKickstarterKickstarter, E-StarterKickstarter, E-StarterKickstarter, E-Starter